Mit der neuen NIS-2-Richtlinie steht eine tiefgreifende Veränderung der IT-Sicherheitsanforderungen in der EU bevor. Unternehmen, die bislang nicht von der ersten NIS-Richtlinie betroffen waren, sollten sich jetzt intensiv mit den neuen Regelungen auseinandersetzen. Doch was genau bedeutet NIS-2, wie wird sie in Deutschland umgesetzt und welche Schritte sind erforderlich, um den Anforderungen gerecht zu werden?
Was ist NIS-2?
Die NIS-2-Richtlinie (Network and Information Security Directive 2) ist eine überarbeitete Fassung der ursprünglichen NIS-Richtlinie aus dem Jahr 2016. Sie zielt darauf ab, die Cybersicherheit innerhalb der EU zu stärken und harmonisierte Mindeststandards für Netz- und Informationssysteme zu etablieren. Die Richtlinie erweitert den Anwendungsbereich auf mehr Sektoren und erhöht die Anforderungen an Informationssicherheitsmaßnahmen. Das Hauptziel ist es, die Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastrukturen und anderer wichtiger Einrichtungen gegen Cyberangriffe zu erhöhen und einheitliche Standards innerhalb der EU zu schaffen.
Umsetzung der NIS-2-Richtlinie in Deutschland
Deutschland arbeitet aktiv an der Umsetzung der NIS-2-Richtlinie in nationales Recht. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ist federführend für die Integration der Richtlinie in das deutsche IT-Sicherheitsgesetz. Die Umsetzung erfordert Anpassungen bestehender Gesetze und die Einführung neuer Regelungen, um den erweiterten Anforderungen gerecht zu werden.
Einige der wichtigsten Aspekte der Umsetzung in Deutschland sind:
-
- Erweiterung des Anwendungsbereichs: Neben Betreibern kritischer Infrastrukturen werden nun auch mittelgroße Unternehmen in wichtigen Sektoren erfasst.
- Strengere Sicherheitsanforderungen: Unternehmen müssen erweiterte technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um ihre Netz- und Informationssysteme zu schützen.
- Erhöhte Meldepflichten: Sicherheitsvorfälle müssen innerhalb engerer Fristen an die zuständigen Behörden gemeldet werden.
- Sanktionen bei Verstößen: Bei Nicht-Einhaltung der Vorgaben drohen empfindliche Geldbußen.
Bin ich betroffen?
Um festzustellen, ob Ihr Unternehmen von der NIS-2-Richtlinie betroffen ist, sollten Sie eine gründliche Analyse Ihrer Geschäftstätigkeit und Unternehmensstruktur durchführen. Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die als „wichtige Einrichtungen“ (wE) oder „wesentliche Einrichtungen“ gelten. Die Richtlinie unterscheidet zwischen wesentlichen und wichtigen Sektoren.
Besonders wichtige Einrichtungen
Zu den wesentlichen Sektoren gehören unter anderem:
-
- Energie
- Transport
- Bankwesen
- Gesundheitswesen
- Trinkwasserversorgung und -verteilung
Wichtige Einrichtungen
Die wichtigen Sektoren umfassen:
-
- Post- und Kurierdienste
- Abfallwirtschaft
- Chemische Industrie
- Lebensmittelproduktion
- Digitale Dienste wie Cloud-Computing und Online-Marktplätze
Ein entscheidender Faktor für die Betroffenheit ist auch die Unternehmensgröße. Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von über 10 Millionen Euro fallen in vielen Fällen unter die Regelungen der NIS-2-Richtlinie.
Eine erste Orientierung bietet ein NIS-2-Betroffenheits-Entscheidungsbaum vom BSI, der anhand von Unternehmensgröße, Jahresumsatz und Art der Dienstleistungen Aufschluss darüber gibt, ob Ihr Unternehmen den Anforderungen unterliegt.
Was müssen Sie jetzt tun?
Die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie erfordert proaktives Handeln. Hier sind die Schritte, die Sie jetzt einleiten sollten:
-
Bestandsaufnahme der Informationssicherheit
Führen Sie eine umfassende Ist-Analyse Ihrer aktuellen Informationssicherheitsmaßnahmen durch. Überprüfen Sie bestehende Prozesse, Richtlinien und Technologien. Die Implementierung eines Informationssicherheits-Managementsystems (ISMS) nach ISO 27001 kann dabei helfen, systematisch Sicherheitslücken zu identifizieren und zu schließen.
-
Benennung von Verantwortlichen
Die NIS-2-Richtlinie fordert die Benennung von verantwortlichen Personen für die Informationssicherheit. Diese sollten über ausreichende Fachkenntnisse verfügen und befugt sein, Sicherheitsmaßnahmen im Unternehmen durchzusetzen. Schulungen und Weiterbildungen sind essentiell, um diese Rollen effektiv auszufüllen.
-
Einführung eines Risikomanagements
Etablieren Sie ein strukturiertes Risikomanagement. Identifizieren und bewerten Sie potenzielle Cyber-Risiken und implementieren Sie geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung. Dazu gehören regelmäßige Sicherheitsaudits, Penetrationstests und die Überwachung von Netzwerken.
-
Schulungen und Sensibilisierung
Die Mitarbeiter sind eine entscheidende Komponente der IT-Sicherheit. Führen Sie regelmäßige Schulungen durch, um das Bewusstsein für Cyber-Bedrohungen zu schärfen. Themen sollten unter anderem Phishing, Passwortsicherheit und der Umgang mit sensiblen Daten sein.
-
Vorbereitung auf Meldepflichten
Stellen Sie sicher, dass Sie klare Prozesse für die Meldung von Sicherheitsvorfällen haben. Unter NIS-2 müssen erhebliche Vorfälle innerhalb von 24 Stunden an die zuständigen Behörden gemeldet werden. Definieren Sie interne Kommunikationswege und Verantwortlichkeiten, um im Ernstfall schnell reagieren zu können.
Fazit: Jetzt handeln!
Die NIS-2-Richtlinie betrifft viele Unternehmen, die zuvor nicht unter die erste Version der Richtlinie fielen. Es ist daher dringend empfohlen, die eigene Betroffenheit zu prüfen und zeitnah Maßnahmen zu ergreifen. Eine frühzeitige Anpassung an die neuen Anforderungen schützt nicht nur vor möglichen Sanktionen, sondern stärkt auch die Resilienz Ihres Unternehmens gegenüber Cyber-Bedrohungen.
Ihr nächster Schritt:
Beginnen Sie jetzt mit der Planung und Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. Ziehen Sie bei Bedarf externe Experten hinzu, um die komplexen Anforderungen der NIS-2-Richtlinie zu erfüllen und Ihr Unternehmen zukunftssicher aufzustellen.